Die weiße Weste, das Synonym für das Unbescholtene, gekoppelt mit den Leumundszeugnissen aus „Entnazifizierungsakten“, aus denen hervorgeht, mit welch einfachen Mitteln sich die Betreffenden aus der Verantwortung stehlen konnten, sind Ausgangspunkte für meine textile Installation.
Die neun kleinen, locker gehängten Wandkissen tragen die eidesstattlichen Erklärungen von Freunden und Bekannten der zu entnazifizierenden Personen, kombiniert mit Spiralmustern, die der Klöppeldeckchen-Ästhetik vergangener Zeiten entsprechen, aber mit modernem Kinderspielzeug erstellt sind. Einzelne entlastende Begriffe sind in anderen Schrifttypen hervorgehoben.
Die Weste, die in Schulterhöhe im Raum hängt, imaginiert durch ihre körperliche Räumlichkeit die Anwesenheit der Person, die sie trägt, und ist in Auszügen mit Sätzen aus den eidesstattlichen Erklärungen beschrieben.
“In die Bresche“ ist dabei einerseits ein Begriff, den ich in einem der Leumundszeugnisse gefunden habe und der damit positiv für die betreffende Person stimmt, weil diese sich für andere „in die Bresche“ geschlagen hat. Andererseits machen genau das Diejenigen, die die Leumundszeugnisse ausstellen.
Die Installation „Schuldberg“ ist komplett aus recycelten Materialien gefertigt. Die Objekte wurden aus alten Bettwäschen genäht und tragen in Anlehnung an die Monogramme, mit denen früher die Aussteuer versehen wurde, rote Stickereien, die auf die Sexualmoral religiöser Glaubensgemeinschaften anspielen. Die Kissen und der Rucksack sind mit textilen Abfällen und gebrauchten Füllmaterialien befüllt.
An einer Wäscheleine hängen weiße Stoffwimpel, wie zum trocknen aufgehängte Wäschestücke. Sie tragen in unvollständiger Chronik Daten von Gewalttaten (Anschlägen, Amokläufen). Pflaster versuchen notdürftig die Wunden zu verdecken.
Foto: Angela von Brill